Heinrich von Kleist, Über das Marionettentheater - Inhaltsangabe

520 Wörter, 3.550 Anschläge


 

Kleists Essay Über das Marionettentheater gilt heute als der berühmteste und meistdiskutierte der Schriften Kleists, die sich mit dem Leben und der Philosophie beschäftigen.

Die Erstveröffentlichung dieses Aufsatzes geschah in den von Kleist herausgegebenen „Berliner Abendblättern“, aufgeteilt auf vier aufeinander folgende Ausgaben. Die Einteilung in vier Folgen geht einher mit der Einteilung des Werkes in vier Sinnabschnitte.

Kleist erzählt ein Gespräch eines Ich-Erzählers mit dem Schauspieler Herrn C…, dessen Inhalt das Marionettentheater, das Marionettenspiel im Besonderen und die Weltanschauung Kleists betrifft.

Im ersten Abschnitt erklärt Herr C… dem Erzähler die maschinelle Wirkungsweise der Marionetten. Er erläutert ihm, dass die rhythmischen Bewegungen, die die kleinen Puppen auf der Bühne vollzögen, mitnichten einer großen Anstrengung Seitens des Maschinisten, also dessen, der die Figuren mit Hilfe der Fäden bewegt, zuzuschreiben sei. Die tänzerisch anmutenden Gliedmaßen der Marionetten in der Bewegung seien nichts weiter als die zufälligen Bewegungen freier Glieder um den vom Marionettenspieler gesteuerten Schwerpunkt, den Torso, der Puppen.

Im zweiten Teil des Essays entwickelt der Schauspieler die für ihn ideale Marionette. Ebenmaß, Beweglichkeit, Leichtigkeit sind seine Ansprüche, die er an die von ihm erwünschte Fertigung stelle. Nur müssten diese drei, auch schon bei konventionellen Puppen vorhandenen Merkmale, bei seiner idealen Gliederpuppe in viel höherem Grade gegeben sein. Zudem verlangte er eine naturgemäßere Anordnung der Schwerpunkte. Die Vorteile, die er der Puppe im Gegensatz zu menschlichen Tänzern zuschreibt, sind zum einen der Umstand, dass sich eine Figur nicht ziere, zum anderen der Vorzug, dass sie „antigrav“ sei. Kein Mensch, nur ein Gott könne sich im gleichen Maße mit der Materie messen.

Der dritte Abschnitt wird inhaltlich mit der Geschichte des Erzählers vom Jüngling, der seine „Unschuld“ verliert, gefüllt. Er berichtet dem lauschenden Herrn C… von einem gemeinsamen Bad mit eben diesem Jüngling. Beim Trocknen seines Fußes stellte der Junge diesen auf einen Schemel und schaute dabei in einen großen Spiegel. Das, was er in diesem Moment sah, erinnerte ihn und ebenso den Erzähler, der dies aber nicht sagte, an eine berühmte Statue. Als er versuchte, die Bewegung nochmals zu vollführen, um sie ihm, dem Erzähler, zu zeigen, misslang es ihm ein aufs andere Mal. Ab dem Zeitpunkt, so berichtet es der Erzähler, stand der Jüngling, der an diesem Tag seine „Unschuld“ und damit das Paradies verloren hatte, tagelang vergeblich vor dem Spiegel, um die Bewegung zu vollbringen.

Der letzte Abschnitt obliegt hauptsächlich wieder der Erzählung des Schauspielers. Dieser beschreibt eine von ihm erlebte Geschichte, die er dereinst auf dem Landgut eines Edelmannes erlebt hatte. Er beschreibt, dass er eines Tages mit dem älteren Sohn des Edelmannes einen Fechtkampf ausgetragen hatte, aus dem er, Herr C…, als eindeutiger Sieger hervorgegangen sei. Die Söhne führten ihn unter neckischen Bemerkungen, dass sie ihn nun zu seinem Meister bringen wollten, in eine Scheune, in der ein Bär ihn erwartete. Der Bär verstand es, jeden seiner Schläge mit der Tatze zu parieren und jeder seiner Finten keine Beachtung zu schenken.

Der Aufsatz schließt mit der Behauptung des Schauspielers C…, dass die reine Grazie seiner Meinung nach nur in demjenigen menschlichen Körperbau erscheint, der entweder gar kein oder ein unendliches Gewissen besäße. Diese Eigenschaften besäßen nur der Gliedermann oder Gott.


Autoren: Tobias Stracke und Andrea Nack im Rahmen des Proseminars "Heinrich von Kleist: Prosa" an der Universität Paderborn, Wintersemester 2005/2006. Dozent: Dr. Stefan Elit