Heinrich von Kleist, Amphitryon - Inhaltsangabe

1.250 Wörter, 8.270 Anschläge


(1. Akt, 1.Szene) Schauplatz des Dramas ist das nächtliche Theben. Sosias, der Diener Amphitryons, kämpft sich durch die gespenstische Nacht, um in Theben vom Sieg gegen die Athener und von der morgigen Ankunft Amphitryons zu berichten. Er trägt das Diadem des besiegten Labdakus bei sich, das er Alkmene, Amphitryons Gemahlin, als Geschenk überreichen soll und das mit dem Buchstaben "A" für Amphitryon graviert ist. Fast zu Hause angekommen, studiert er eine spektakuläre Rede ein, um Alkmene zu beeindrucken und um sich als Nichtteilnehmer des Krieges dennoch mit Lorbeeren zu schmücken, als plötzlich Merkur, der Götterbote, ihm in der Gestalt des Sosias den Weg versperrt (1.Akt, 2.Szene). Jupiter, der himmlische Göttervater, beabsichtigt, in der Gestalt des Amphitryon auf die Erde zu kommen, um mit Alkmene ein kleines Schäferstündchen abzuhalten, denn auch die göttlichen Bewohner des Olymps sehnen sich danach, von den Menschen geliebt zu werden und nicht in kniefälliger, ehrfürchtiger Anbetung ihr ewiges Dasein zu fristen. Merkur steht Wache und hält Sosias von seinem Auftrag ab. Er provoziert, prügelt und peinigt Sosias, so dass dieser an sich selbst zweifelt und sich eingestehen muss, dass sein Gegenüber Sosias und er Sosias-Nicht ist. Sosias wird unter harten Gertenschlägen, die auf seinen Rücken niederregnen, verscheucht.

(1.Akt, 4.Szene) Hinter den Toren Thebens, in den Gemächern Alkmenes, bereitet sich Jupiter, maskiert als Amphitryon, auf seine Abreise vor und hinterlässt eine glückliche Nacht mit Alkmene, die am liebsten Ruhm und Ehre gegen Mittelstand und Liebe tauschen würde, um sich einem pflicht- und zwanglosen Dasein mit Amphitryon hinzugeben. Sie soll diesen Göttertag mit Jupiter nie vergessen, der als zärtlicher und liebevoller Gatte sich ein Recht auf ihre Liebe erworben hat und nicht, wie der wahre Amphitryon, von Rechts wegen einen Anspruch auf ihre Liebe hat. (1.Akt, 5.Szene) Abseits dieser Szene trifft Merkur auf Charis, Sosias' Frau, die allerdings nicht ganz nach dem Geschmack des Götterboten ist und lässt die Nichtsahnende den vollen Schlag seiner Abneigung spüren. Anstatt eines Wiedersehensfestes hagelt es Beleidigungen gegen Charis, die ihrerseits wutschnaubend zusieht, wie Merkur kostümiert als ihr Gatte weiterreist.

(2. Akt, 1.Szene) Der wahre Sosias weiß von alledem nichts, als er im Lager Amphitryons eintrifft und von der Begegnung mit seinem Double berichtet und verzweifelt versucht, seinem aufgebrachten Herrn glauben zu machen, was er selbst nicht glauben kann. Amphitryon glaubt ihm kein Wort und attestiert im Trunkenheit einhergehend mit Geisteskrankheit, als plötzlich Alkmene die Szene unterbricht.

(2. Akt, 2.Szene) Unwissend von der göttlichen Vertretung Jupiters empfängt Alkmene Amphitryon nach fünfmonatiger Abwesenheit mit einem kurzen: "So früh zurück?" Amphitryon ist sprachlos. Seine Ratlosigkeit steigert sich ins Unermessliche, als er von Alkmene hört, dass sie sich ihm in der letzten Nacht mit all ihrer Liebe hingegeben hat, und ist empört über Amphitryons liebloses und unverständliches Auftreten. Amphitryon hingegen versteht die Welt nicht mehr. Er hält Alkmene für verrückt und beschuldigt sie, sich jemand anderem als ihm hingegeben zu haben. Diese ist zutiefst erschüttert und verletzt, und mit blutig entrissenem Herzen hinterlässt sie einen rasend wütenden Amphitryon, der in alledem Verrat wittert und vor den Trümmern seiner gescheitert geglaubten Ehe steht.

(2. Akt, 4.Szene) Alkmene sucht Trost und Rat bei Charis. Gemeinsam untersuchen sie das Diadem und stellen fest, dass anstatt eines "A's" für Amphitryon ein "J" in ihm eingraviert ist. Als stiller Zeuge ihrer Unschuld, sollte es ihr dienlich sein, doch beim Anblick des fremden Schriftzuges breiten sich tiefe Zweifel in ihr aus. Blind, taub und aller Sinne beraubt hätte sie ihren Gemahl aus einem Menschenmeer gefischt, dennnoch fiel ihr an ihm eine sonderbare Aura an jenem Abend auf. Wie lebend ins Göttliche gemalt stand er vor ihr in strahlender Glorie, als sei er gemalt von Künstlers Hand, Amphitryon der Göttersohn. Doch er nannte sich stets einen Geliebten, einen Dieb der bei ihr nascht, und in dem eingravierten "J" sieht sie nun einen Anlass an der Echtheit Amphitryons zu zweifeln. (2.Akt, 5.Szene) Bestürzt tritt Alkmene vor Jupiter und verlangt sie zu verstoßen, da sie befürchtet in der vorigen Nacht von einem fremden Mann beglückt worden zu sein. Dieser zeigt sich als angeblich gehörnter Ehemann relativ verständnisvoll und macht ihr klar, dass Zeus selber es war, der ihr erschienen ist. Schließlich sieht sie in Jupiter den wahren Amphitryon und entscheidet sich für ihn, gegen Gott. Jupiter ist sehr zufrieden und ruft freudig ein großes Fest aus.

(2. Akt, 6.Szene) Abseits dieser Szene stehen Charis und Sosias und bemerken die Unterhaltung. Charis scheint nun alles klar zu sein. Sie wiegt sich in dem süßen Wahn, ihr Sosias sei der himmlische Apollo. Lieblich und anmutig erscheint er ihr nun bei dem Gedanken daran, er sei einem himmlischen Quell entsprungen. Sosias allerdings steht nun völlig neben sich und fragt sich, warum der eine ihn zum Hund und der andere zum Gott macht und mit den Worten: "Ich bin der alte, wohlbekannte Esel" lässt er ihr Luftschloss angesichts der grausam erscheinenden Realität, die sie wieder einholt, zerplatzen. (3.Akt, 1.Szene) Derweil teilt Amphitryon das ewige Leid des Jupiter, denn auch vor ihm knien alle Menschen nur in Erfurcht nieder. Keiner wagt es ihn zu lieben oder ihm ein aufrichtiger Freund zu sein, dennoch will er den Verräter stellen.

(3. Akt, 2. Szene) Merkur hingegen langweilt sich und ärgert Amphitryon, indem er ihm den Zutritt ins Schloss verweigert. Seinem Auftrag folgend schickt er ihn fort und beschimpft ihn, er sei nicht Amphitryon, er sei betrunken und solle nach Hause gehen, da der "wahre" Amphitryon bereits im Schloss ist. (3.Akt, 3.Szene) Amphitryon ist außer sich vor Wut. (3.Akt, 4.Szene) Anschließend trifft auf den wahren, nichtsahnenden Sosias, den er blutig in den Tod schicken will. (3.Akt, 5.Szene) Mit einigen Feldherren an Amphitryons Seite landet die streitende Meute schließlich in Alkmenes Gemach, wo sich plötzlich Amphitryon und Jupiter-Amphitryon gegenüberstehen. Alle sind verblüfft, Amphitryon entsetzt, doch Jupiter gelassen. Ihm steht noch immer der Sinn nach einem Fest und er bestimmt, dass das Volk später entscheiden soll, wer der wahre Amphitryon ist. Amphitryon hingegen zieht ab und will mordlustige Freunde um sich scharen, die Jupiter einer Wespe gleich einen Stachel in die Brust jagen sollen.

(3. Akt, 7./8.Szene) Der leichtmütige Sosias hingegen freut sich auf das anstehende Fest. Leider hat sein göttliches Ich bereits seine Platz eingenommen, dass ihm jede Hoffnung nimmt auch nur einen Knochen von dem Festessen erbetteln zu können. (3.Akt, 9./10.Szene) Zum Schluss rüstet sich Amphitryon mit dem aufgebrachten Volk an seiner Seite gegen Jupiter, um dem Spuk in den Gemächern seines Schlosses ein Ende zu setzten, als plötzlich Jupiter erscheint. (3.Akt7 11.Szene) Es herrscht ein riesiges Durcheinander. Niemand weiß den wahren Amphitryon zu unterscheiden, sozusagen ein "Who is who" der etwas anderen Art. Auch Alkmene ist verwirrt und entscheidet sich an der Seite Jupiters zu bleiben. Diese Entscheidung Alkmenes setzt Amphitryon stark zu, sein inneres Dasein scheint einzustürzen, da seiner Meinung nach nur ihr Herz in der Lage ist, den wahren Amphitryon zu erkennen und seine Herz demnach in der Brust seines Gegenübers schlagen muss. "Entamphitryonisiert" steht er nun da, bis sich schließlich Jupiter in seiner göttlichen Gestalt zu erkennen gibt. Er löst das Rätsel. Alkmene fällt in Ohnmacht. Als Entschädigung für die Umstände, die Jupiter verursacht hat, schenkt er Amphitryon und Alkmene einen Sohn, Herkules, dessen Taten die Jahrhunderte überdauern sollen.

Auch Merkur ist froh, das Gesicht des Sosias endlich ablegen zu können. Ihm steht der Sinn nur noch danach, sich zu betrinken und diese ganze Geschichte vergessen zu machen.

Eine Versöhnung Alkmenes mit Amphitryon ist am Ende des Dramas allerdings völlig offen, da Alkmene nach ihrem Erwachen aus der Ohnmacht nur ein vielsagendes "Ach" über die bleichen Lippen bringt und mit diesem Ausspruch die Handlung abschließt.


Autor: Jan Müller im Rahmen des Proseminars "Heinrich von Kleist: Drama" an der Universität Paderborn, Sommersemester 2006. Dozent: Dr. Stefan Elit