Walter Vogel
Kleist
Mit vielen Türmen ragt die Stadt
Gott suchend in den Himmelsdom.
Ein Mensch sein Herz in Händen hat,
Hebt es aus seines Leides Strom
Hinauf zu einem, der sich groß verschweigt.
Ist Menschenweh ihm klein? Beachtet er
Ein Schicksal, das begonnen sich schon neigt,
Weil er die Wucht des eignen Selbst nicht tragen kann
Und seine Schwäche, die der Nachwelt heil’ge Kraft,
Verzweifelnd durch gewollten Tod beendet?
Ist Gott da? Lebte er, als dieser Held
Durch Straßen ging, die jetzt von uns begangen,
Und Wege schritt, die für uns viel zu weit und steil?
1927
Walter Vogel
Aus: Minde-Pouet (1927), S. 84.