Brigitte Bardot und ein ganz klein bißchen Kleists "Käthchen"

Mal was anderes vom Kleist-Archiv Sembdner der Stadt Heilbronn


1962

Brigitte Bardot spielt unter der Regie von Louis Malle im Film "Privatleben" mit. Ihr Partner ist Marcello Mastroianni. Zum Inhalt sagt das "Große TV-Spielfilm-Lexikon":

"Brigitte Bardot spielt in diesem Film sich selbst: ein junges Mädchen, durch einen Zufall entdeckt, wird ein gefragtes Photomodell und schließlich Filmstar. Die Schattenseiten ihrer Popularität - ständige Belästigung durch Photographen, Klatschreporter und Fans - beeinträchtigen zunehmend ihr Privatleben und werden schließlich unerträglich...

In die Figur der Jill hat BB viele eigene Erfahrungen eingebracht, darunter die Szene, in der sie im Fahrstuhl von einer Putzfrau auf das Übelste beschimpft wird. Privatleben ist der erste Film, der die Bardot als ihren eigenen Mythos und nicht mehr nur als populäre Schauspielerin einsetzt."

1995, Brigitte Bardot in ihren "Memoiren" über den Film:

"Dann wieder Koffer packen, wieder ins Auto, ins Flugzeug! Ziel: Spoleto in Italien, eine wundervolle Kleinstadt mit teilweise erhaltener Stadtmauer in der Provinz Perugia, noch ganz wie im 17. Jahrhundert. Dort gibt es wie in allen alten Städten einen zentralen Platz umgeben von hohen Häusern - ein bißchen ähneln sie den Fischerhäusern in Saint-Tropez. Eines davon gehörte einem Freund von Louis Malle, Gian Carlo Monotti, der es uns für die Dauer der Dreharbeiten zur Verfügung stellte.

Louis Malle hatte das Erdgeschoß und die erste Etage bezogen. Christine und ich mußten uns die zweite Etage teilen. Ganz oben gab es eine kleine, mit römischen Dachziegeln gedeckte und von Bougainvilleen bewachsene Terrasse. Es war wunderschön. Ich schlief im Wohnzimmer und überließ das Schlafzimmer Christine. Das Bad teilten wir uns.

In der ersten Etage hatte Louis Malle (für die engsten Vertrauten "Loulou") viele seiner zahlreichen Freunde, seine Frauen oder - je nachdem, wie man es nahm - Verlobten untergebracht. Das ging uns nichts an. Dort herrschte ein endloses Tohuwabohu, das bis zur Terrasse vordrang und in unserer Etage eine unerfreuliche Zwischenstation einlegte - der Lärm störte uns, aber von den Festen blieben wir ausgeschlossen.

Ich war in diesem hübschen Haus eingesperrt und traute mich nicht vor die Tür, die Tag und Nacht von Paparazzi umlagert war. lch hätte mich gern von der Lebensfreude Loulous und seiner Freunde anstecken lassen. Eines Abends gingen Christine und ich auf die Terrasse hinauf. Dort trafen wir den Gitarristen, Antoine Roblot, einen Busenfreund Louis Malles, Claude Davy, den Pressebeauftragten beim Film, Marcello Mastroianni, den Drehbuchautor Jean-Paul Rappeneat und eine wunderschöne, sehr zurückhaltende Frau, die erkennbar "die Frau des Tages" war. Es gab Nudeln, wie ich sie mag, umd ich hatte Hunger. Am Himmel funkelten die Sterne, es war angenehm warm, und ich fühlte mich fast glücklich, als auf den Dächern ringsum plötzlich ein tausendfaches Blitzlichtgewitter ausbrach.

Es war eine Kriegserklärung, der Beginn eines kalten, erbarmungslosen Krieges, und wir hatten keine Waffen, um uns zu verteidigen. Die Blitzlichter zuckten wie bei einem abendlichen Wetterleuchten. Louis Malle bat mich sehr höflich, aber bestimmt, nach unten zu gehen.

Ich wurde in meine Einsamkeit zurückgeschickt, denn ich war die Ursache der Störung. Ich verdarb alles durch meine Anwesenheit, und dabei verhielt ich mich taktvoll und unauffällig. Ich konnte das Haus nicht verlassen, war umzingelt, die anderen gingen in eine nette Trattoria, um Pasta asciutta zu essen und Chianti zu trinken, während ich hinter doppelten Vorhängen und dreifach verriegelten Türen auf der zweiten Etage des Hauses von Jean Carlo Menotti meinen Ärger und ein kaltes Hühnerbein hinunterwürgte.

Diese Anekdote brachte Louis Malle auf die Idee für das Ende des Films. Eingesperrt bei zugezogenen Vorhängen, verbringe ich meine Zeit mehr schlecht als recht in "unserem" Schafzimmer, öffne die Tür nur dem sehr guten Freund Antoine Roblot. Mastroianni führt Regie bei Kleists "Käthchen von Heilbronn", das auf der Piazza von Spoleto aufgeführt werden soll, die ich im Film ebenso wie im wirklichen Leben nicht betreten darf. Weil ich am Werk des Mannes, den ich liebe, unbedingt teilhaben will, schleiche ich mich am Abend der Premiere auf die Dächer hinauf, um zuzuschauen. Antoine Roblot, unser beider Freund und Fotograf, sieht mich und blendet mich mit seinem Blitzlicht so, daß ich vor Schreck das Gleichgewicht verliere. In einer langen Sequenz, die von der wundervollen Musik des Requiems von Verdi untermalt ist, falle ich langsam in einen nicht endenden Abgrund. Für die Filmheldin war das, nach Meinung einiger, der einzige Ausweg. Es war auch mein persönlicher."

1998

Brigitte Bardot schickt in Erinnerung an den Film und die Kleist-Szenen (bei denen sie nicht mitspielt) ein Autograph.

Hier ist es:

Und hier ist die Ausgabe der Filmbühne mit der Ankündigung des Films.